8. Literarischer Frühling auf der Reichenau

8. Literarischer Frühling auf der Reichenau

Sonntag, 6. – Donnerstag, 10. Mai 2018

„Leid ist der einzige Adel aller Zeiten“ –
Literatur und Kunst des europäischen Fin de Siècle
Prof. Dr. Norbert Lennartz, Vechta

Ob es sich um eine Mutation der Romantik handelt oder um eine Gegenposition zur immer stärker werdenden Bürgerlichkeit im 19. Jahrhundert, wird kontrovers diskutiert; auffallend ist jedoch, dass es in der Mitte wie auch in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts in verschiedenen Ländern zu einer Bewegung kommt, die sich gegen die Bourgeoisie stellt, das subversive Individuum in den Vordergrund rückt und eine Kunst favorisiert, die das Dekadente, Morbide, Unzüchtige und Unkonventionelle feiert. In Frankreich ist es Charles Baudelaire, der mit seinen Fleurs du Mal (Die Blumen des Bösen, 1857) eine neue Ästhetik des Hässlichen und Schockierenden begründet, wohingegen in Großbritannien die Präraffaeliten um Dante Gabriel Rossetti sich dem Bohemienhaften und sexuell Anstößigen verschreiben und die viktorianische Ideologie der Frömmigkeit und des Fleißes unterminieren. Je strenger der moralische Regelkodex ausgelegt wurde, desto fulminanter entwickelte sich in Deutschland (Th. Mann, R. Wagner), Großbritannien (Wilde, Swinburne, Dowson), Frankreich (Baudelaire, Huysmans, Jarry) und Italien (d’Annunzio) eine schillernde Kunst und Literatur des Anti-Bürgerlichen, die das Dandytum, das Endzeitliche und das selbst-referentiell Schöne (l’art pour l’art) propagierte und Europa mit einer ungeahnten sexuellen Revolution (Psychopathia Sexualis, Sacher-Masoch) konfrontierte.
Anhand literarischer Texte und Werke der bildenden Kunst (z.B. Moreau, Beardsley, von Stuck etc.) wird das Seminar versuchen jenen Geist des Fin de Siècle zu evozieren, der dann zu Beginn des Ersten Weltkriegs sein jähes Ende fand. Dass aus dieser Bewegung des Ästhetizismus und des Formalistischen sich dann eine konträre, zuweilen bizarre Faszination für den Faschismus speisen sollte, wird ebenso Gegenstand der Diskussionen sein.

Texte:
Oscar Wilde, The Picture of Dorian Gray / Das Bildnis des Dorian Gray
Alfred Jarry, Ubu roi / König Ubu
Thomas Mann, Wälsungenblut, Tristan
Ein reader mit Texten von Baudelaire, Swinburne, Wilde, Dowson, Huysmans und d’Annunzio
wird zur Verfügung gestellt.

Der Dozent:
Prof. Dr. Norbert Lennartz M.A. (geb. 1963) ist seit 2011 Professor für Anglistische Literaturwissenschaft an der Universität Vechta; von 2013-2014 Direktor des Instituts für Geistes- und Kulturwissenschaft (Dekan), von 2014-2016 Vizepräsident der Universität Vechta. 1992 von Königin Elizabeth II mit dem Queen’s Prize für herausragende akademische Leistungen geehrt, wurde er 1998 in Bonn promoviert mit einer Studie über das Absurde in der Literatur vor dem absurden Theater; 2003 schloss er in Bonn sein Habilitationsprojekt über die Darstellung des Körpers und der Erotik in der Literatur und Kunst des Barock ab.
Seine Schwerpunkte sind die Romantik- und Dickens-Forschung, zu der er in namhaften internationalen Zeitschriften und Sammelbänden publiziert hat.
Seit 1994 ist er regelmäßig als Seminarleiter an Erwachsenenbildungseinrichtungen tätig.

Seminarzeiten:
1. Tag 19.30-21.00 (18.00: Abendessen)
2. und 4. Tag 09.30-10.30/11.00-12.00 und 16.00-18.00
3. Tag 09.30-10.30/11.00-12.00
5. Tag 10.00-12.00

Kursgebühr: € 170.

Anmeldung bei:
Strandhotel Löchnerhaus
An der Schiffslände 12
78479 Insel Reichenau
Tel.: 07534 – 8030
info@loechnerhaus.de
www.loechnerhaus.de

Strandhotel Löchnerhaus